In der Vergangenheit hat die Zahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren in Bezug auf eine Übertretung iSd § 3g Verbotsgesetz 1947 sukzessiv zugenommen. Mit dem Aufkommen der sozialen Medien werden oftmals über WhatsApp oder Facebook inkriminierte Bilder mit Anspielungen auf den Nationalsozialismus oder den Holocaust versendet.
Vielen ist nicht bewusst, dass bereits das Versenden oder Posten von derartigen Bildern über strafbar sein kann! Das Verbotsgesetz ist eine wichtige Bestimmung im österreichischen Rechtssystem. Die wichtigste Bestimmung, die den größten Teil der Verurteilung darstellt, findet sich im § 3g VG 1947. Diese Bestimmung stellt eine Art Auffangnorm für nationalsozialistische Betätigungen, die nicht von §§ 3a bis 3f VG 1947 abgedeckt sind um jede nationalsozialistische Wiederbetätigung im Keim zu ersticken.
Ab wann erfüllt ein versendetes Bild den objektive Tatbestand iSd § 3g VG 1947?
Ein versendetes Bild erfüllt dann keinen objektiven Tatbestand, wenn es zu einem überwiegenden Teil keine unsachliche, einseitige oder propagandistische vorteilhafte Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen oder Ziele erfüllt (RIS-Justiz RS0079934; RS0080029).
Objektive Tatseite:
Bilder die den objektiven Tatbestand laut Rechtsprechung erfüllen:
- Ein Bild zeigt ein Kind, das den Hitlergruß vorführt, einen Korb mit Ostereiern, auf denen Hakenkreuze aufgemalt sind, und die Aufschrift „Frohe Ostern“.
- Ein Bild auf dem zwei junge Frauen zu sehen waren, die den Hitlergruß zeigen.
- Ein Bild, mit dem Konterfrei von Hitler und der Text !Ach, Sie sind Jude. Ich vergase“;
- Ein Bild mit der Frage, ob man beim Grillen das Steak jüdisch wolle, also mit Gas;
Subjektive Tatseite:
Eine Wiederbetätigung iSd § 3g VG 1947 liegt dann vor, wenn der Täter den objektiven und subjektiven Tatbestand (innerliche Tatseite) der Bestimmung erfüllt.
Um sich nach § 3g VG 1947 strafbar zu machen, muss nach der ständigen Rechtsprechung der Vorsatz vorhanden sein, im nationalsozialistischen Sinne zu handeln oder in Österreich wieder ein nationalsozialistisches Regime wieder zu erwecken wollen. In diesem Zusammenhang reicht ein bedingter Vorsatz aus. Ein bedingter Vorsatz liegt dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung eines Tatbestandes ernsthaft für möglich hält und sich mit diesem Risiko abfindet (Lässig in WK2 Vor Verbotsgesetz Rz 2; Verbotsgesetz § 3g Rz 9).
Kommt die zuständige Staatsanwaltschaft zum Ergebnis, dass beide Tatbestandselemente vorliegen, wird eine Anklage erhoben. Im gegenständlichen Fall findet die Hauptverhandlung vor einem Geschworenengericht statt. Ein Geschworenengericht setzt sich aus 3 Richtern und 8 Geschworene zusammen.
Der Sinngehalt einer Äußerung ist von den Geschworenen zu lösen (RIS-Justiz RS0092588). Wesentlich dabei ist, dass die Geschworenen die Kriterien, nach welchen der Bedeutungsinhalt der versendeten Bilder zu beurteilen ist, im Äußerungskontext, im gesamten Tatumfeld, oder aufgrund der sonstigen Begleitumstände der Äußerung und konkrete Eigenschaften des Täters und der Adressaten (wie etwa Sprachgebrauch, Gewohnheiten und Bildungsgrad) beurteilen. Diese Kriterien sind (gebotener) Inhalt der Rechtbelehrung durch den zuständigen Staatsanwalt (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 31 f; Lässig, WK-StPO § 312 Rz 22).
Benötigt man eine Publizitätswirkung um dem Anfangsverdacht einer Übertretung iSd § 3g VG 1947 zu erfüllen?
Nein – Bereits das Versenden solcher Bilder als Privatnachricht in einem verschlüsselten Einzelchat ist strafbar!
Anmerkung: Ein unüberlegtes Bild kann schnell eine Sicherstellung des Mobiltelefons (Beschlagnahme) und eine Hausdurchsuchung auslösen.
Kommt die Staatsanwaltschaft oder das Gericht zum Ergebnis, dass der Tatbestand der Wiederbetätigung nicht erfüllt ist, weil kein Vorsatz vorhanden war, kann die Tat verwaltungsstrafrechtliche Folgen auslösen.
Gem. Art. III Abs. 1 Z. 4 EGVG lautet wie folgt:
„Wer nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu € 2.180,00 zu bestrafen“.
Durch Art III Abs 1 Z 4 EGVG soll „ärgerniserregender Unfug“ hintangehalten werden (vgl VfSIg 12.002/1989), dem nicht der Vorsatz zugrunde liegt, in Österreich ein nationalsozialistisches Regime zu installieren (vgl VwSlg 13.548 A/199.1).
Was unter „Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut“ zu verstehen ist, wurde bereits mehrfach vom VwGH judiziert (siehe beispielsweise VwGH zu GZ 2006/09/0126 vom 08.08.2008 und Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 78f) und hat der VwGH dazu ausgeführt, dass unter „Verbreiten“ jede Handlung zu verstehen ist, mit welcher derartiges Gedankengut einem „größeren Personenkreis“ zugänglich gemacht wird. Zur Definition „größerer Personenkreis“, darf wiederum auf die einschlägige Rechtsprechung (vgl. hiezu Leukauf-Steininger2 RN 3 zu § 69 StGB) verwiesen werden. Ein größerer Personenkreis liegt etwa ab 10 Personen vor.
Wer beispielsweise (lediglich) mit Nazipropaganda provozieren will, dieses aber als öffentliches Ärgernis erregenden empfunden wird, ist nach dieser Bestimmung zu bestrafen.
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