Eine Stornogebühr von 20% ist derart unangemessen, dass ein Unternehmer als „Strafe“ gleich gar nichts von seinem Kunden (Konsument) für einen unberechtigten Rücktritt verlangen darf.
Die Verwendung unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen führt zum Anspruchsverlust des Unternehmers, auch wenn er sich nicht darauf berufen hat.
Diese Entscheidung des OGHs (4 Ob 236/22t) sorgt bei Unternehmern für helle Aufregung. Viele AGBs können sich als teure Falle entpuppen. Für Unternehmer ist es ratsam die eigenen AGBs rasch überprüfen zu lassen. Kunden haben es nun leichter einen Vertag jederzeit und unbegründet zu stornieren.
Konsumenten wiederrum sind erleichtert. Sie sind häufig mit einer hohen Stornogebühr konfrontiert, die sie oft dermaßen eingeschüchtert sind, dass sie auch berechtigten Streitigkeiten aus dem Weg gehen, um keine hohe Pönale zu riskieren.
Dieses Problem wurde bereits vor einiger Zeit erkannt, weswegen die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen erlassen wurde.
Nunmehr wurde dem OGH ein Streitfall herangetragen, die der OGH wiederum dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegte, um zu klären wie man diese AGB – Klausel unter Berücksichtigung der EU-Richtlinie auszulegen hat.
Daraus resultierte die OGH Entscheidung OGH 4 Ob 236/22t vom 25.04.2023.
Hier die auf der Homepage des OGHs veröffentlichte Entscheidung:
Die Verwendung unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen führt zum Anspruchsverlust des Unternehmers, auch wenn er sich nicht darauf berufen hat
Auslegung der EWG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen durch den EuGH in der Rechtssache Gupfinger.
Der beklagte Verbraucher kaufte bei der klagenden Unternehmerin eine Einbauküche und trat in der Folge unberechtigt vom Vertrag zurück. Dem Kaufvertrag lagen die AGB der Klägerin zugrunde, wonach diese bei unberechtigtem Rücktritt des Kunden Anspruch auf pauschalierten Schadenersatz in Höhe von 20 % des Bruttorechnungsbetrags oder auf den tatsächlich entstandenen Schaden hat.
Die Klägerin begehrte als vertraglichen Schadenersatz den Kaufpreis abzüglich dessen, was sie sich infolge des Unterbleibens der Arbeit erspart hat. Sie stützte ihren Anspruch nicht auf ihre AGB, sondern auf das allgemeine Zivilrecht.
Der EuGH beantwortete das Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshof dahin, dass im Fall der Nichtigerklärung einer Vertragsklausel, wenn der Vertrag ohne diese Klausel gleichwohl fortbestehen kann, dem Unternehmer kein Schadenersatzanspruch zusteht, auch wenn er sich nicht auf die Klausel, sondern auf das allgemeine Zivilrecht stützt.
Dies diene dem langfristigen Ziel, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln mittels Abschreckungseffekts ein Ende zu setzen.
Der Oberste Gerichtshof wies daher die Schadenersatzklage der Unternehmerin ab, zumal nach seiner Rechtsprechung eine Klausel in AGB, die eine pauschale Stornogebühr von 20 % des Kaufpreises bei unbegründetem Vertragsrücktritt durch den Käufer festlegt, für den Verbraucher insbesondere wegen der unangemessenen Höhe der Stornogebühr gröblich benachteiligend und daher nichtig ist.
Aufgrund dieser Entscheidung geht die Anwaltschaft davon aus, dass sehr viele Unternehmer mit kurzfristigen Vertragsrücktritten konfrontiert werden.
Die Rechtsposition der Konsumenten ist auf alle Fälle stärker geworden.