Viele hegen den Traum der Selbstständigkeit, von einem Leben, in dem sie ihr eigener Chef sind und eigenverantwortlich ihr Einkommen verdienen. Doch ist dieser Traum so leicht zu verwirklichen, wie es scheint?
In Österreich stehen etwa 440 freie Gewerbe zur Auswahl, die keine spezifischen Befähigungsnachweise oder Qualifikationen erfordern. Diese Palette reicht vom Aufräumcoach über Berufsfotografen, Wahrsager und Betreiber von Salzgrotten bis hin zum Zusammenbau von Möbelbausätzen.
Neben diesen freien Gewerben gibt es jedoch auch die sogenannten reglementierten Gewerbe, für die ein entsprechender Befähigungsnachweis erforderlich ist.
Ein Befähigungsnachweis ist ein Nachweis, das bestätigt, dass der Gewerbetreibende über alle notwendigen fachlichen, kaufmännisch-rechtlichen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt, um das angemeldete Gewerbe auszuüben. Es gibt jedoch viele Ausnahmen, die bedeuten, dass nicht immer eine Meisterprüfung oder ähnliches erforderlich ist, um einen geeigneten Befähigungsnachweis zu erlangen.
Um ein eigenes Gewerbe auszuüben, müssen je nach Art des Gewerbes unterschiedliche Voraussetzungen erfüllt werden. Im Allgemeinen sind jedoch einige grundlegende Schritte zu beachten:
- Gewerberechtsfähigkeit und gewerberechtliche Handlungsfähigkeit (Volljährig)
- Unbescholtenheit (kein Eintrag im Strafregister) – Ausnahme bedingte Nachsicht gemäß § 26 GewO (Nachsichtsverfahren)
- Österreichische Staatsbürgerschaft oder Gleichstellung
- Zulässigkeit der Tätigkeit (Gewerbeberechtigung)
Wer ist meine Gewerbebehörde?
In Österreich ist die zuständige Gewerbebehörde in der Regel die Bezirksverwaltungsbehörde oder Magistratsabteilung der jeweiligen Stadt, in der du dein Gewerbe ausüben möchtest.
Die nachfolgenden Praxisbeispiele sollen Ihnen illustrieren, welche Möglichkeiten es gibt, um zu einer Gewerbeberechtigung und weiterer Folge zum eigenen Unternehmen zu kommen.
1. Praxisbeispiel – Gastronomie:
Vor einigen Tagen ist Herr A. zu mir in die Kanzlei gekommen. Er erzählte mir, dass er gerade sein Jus-Studium abgeschlossen hat und aktuell beabsichtigt eine berufliche Neuorientierung anzustreben. Da er wusste, dass meine Kanzlei auf Gewerberecht spezialisiert ist, fragte er mich, welche Möglichkeiten es nun gebe. In seiner Kindheit hat er immer davon geträumt ein eigenes Restaurant aufzumachen. Herrn A. war klar, dass es sich beim Gastgewerbe um ein sogenanntes reglementiertes Gewerbe handelt, für welches man einen Befähigungsnachweis benötigt.
Jedoch war Herr A. in dem Irrglauben befangen, dass man nur mit einer Meisterprüfung ein Gastgewerbe eröffnen darf. Herr A. glaubte, dass sein Traum von einem eigenen Lokal ausgeträumt sei. In unserem Gespräch teilte ich Herr A. mit, dass dem nicht so sei. Durch den Abschluss seines Studiums ist er berechtigt ein Gastgewerbebetrieb zu eröffnen, da in den Zugangsvoraussetzungen für das Gastgewerbe explizit geregelt ist, dass jemand mit einem erfolgreichem Studienabschluss an einer Universität, ein Gastgewerbe eröffnen kann. Das bedeutet, dass jeder, der einen Studienabschluss hat, berechtigt ist, ein Gastgewerbe zu eröffnen. Koch- oder Servicefähigkeiten werden vom Gesetzgeber nicht vorausgesetzt.
2. Praxisbeispiel – Friseur:
Ähnlich wie Herrn A. erging es auch Frau J. Nach Jahren als Friseurin in einem renommierten Salon beschloss sie, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Überzeugt davon, dass sie zuerst die Meisterprüfung absolvieren müsse, sah sie sich mit erheblichen Kosten und einem langwierigen Zeitfaktor konfrontiert.
In unserem Gespräch konnte ich Frau J. jedoch mitteilen, dass sie auch ohne die Meisterprüfung das reglementierte Gewerbe des Friseurs eröffnen kann. Die Voraussetzung hierfür ist, dass sie mindestens sechs Jahre lang als leitende Angestellte in einem Friseurbetrieb tätig war. Da Frau J. diese Position bereits seit über zehn Jahren innehatte, war es für uns problemlos, diese Tatsache der Gewerbebehörde durch die Vorlage eines entsprechenden Dienstzeugnisses glaubhaft zu machen.
Bedenken Sie daher, dass für jedes reglementierte Gewerbe stets eine gesetzliche Zugangsvoraussetzungsverordnung besteht, die die Anforderungen für den Berufszugang festlegt. Sollten Sie diese Voraussetzungen nicht erfüllen, besteht immer noch die Möglichkeit einer individuellen Feststellung. Wir unterstützen Sie gerne dabei und helfen Ihnen, die geeigneten Schritte zu unternehmen.
Begeht man eine Strafe, wenn man ein Gewerbe ohne einer Gewerbeberechtigung ausübt?
JA! Es droht eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von bis zu € 3.600,00 gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO.
Vorstrafe – Was nun?
Ist eine Strafe im Strafregisterauszug ersichtlich, liegt ein Verweigerungsgrund vor. Das bedeutet, dass Ihnen die Gewerbebehörde keine Gewerbeberechtigung bis zur vollständigen Tilgung gewährt.
Welche Möglichkeit gibt es nun?
In diesen Fällen ist es ratsam, schnellstmöglich juristische Unterstützung aufzusuchen, da es für bestimmte Fälle die Möglichkeit einer behördlichen Nachsicht gemäß § 26 GewO gibt, wenn die Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begegnung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.
Ein solcher Antrag muss vor der Gewerbeanmeldung gestellt werden. Erst wenn dieser positiv ausfällt, kann die Gewerbeanmeldung gemacht werden!
Gewerbeschein erledigt – Wie geht es nun weiter?
Zusätzlich zu den oben genannten Anforderungen benötigen einige Gewerbetreibende eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung, um ihre Geschäftstätigkeit legal ausüben zu können.
Eine solche Genehmigung ist erforderlich, wenn die Betriebsanlage bestimmte Kriterien erfüllt, die in der Gewerbeordnung und in entsprechenden Verordnungen festgelegt sind. Betriebsanlagen umfassen alle technischen Einrichtungen, Gebäude, Anlagen oder Anlagenteile, die für die Ausübung eines Gewerbes notwendig sind.
Eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung ist erforderlich, wenn die Betriebsanlage bestimmte Kriterien erfüllt, die in der Gewerbeordnung und in Verordnungen festgelegt sind. Betriebsanlagen sind alle technischen Einrichtungen, Gebäude, Anlagen oder Anlagenteile, die für das Ausüben eines Gewerbes notwendig sind. Es gibt jedoch Ausnahmen für Kleinanlagen wie Büros, von denen keine Belästigung oder Gefährdung zu erwarten ist.
Ein Gasthaus ist ein typisches Beispiel für eine Betriebsanlage, die eine Genehmigung benötigt. Bei der Erteilung dieser Genehmigung prüft die Gewerbebehörde, ob die Betriebsanlage den gesetzlichen Vorschriften entspricht, einschließlich des Immissionsschutzes, Brandschutzes und der Arbeitssicherheit.
Was passiert, wenn ich eine Betriebsanlage (Gasthaus) ohne entsprechende Genehmigung eröffne?
Wenn jemand ein Gewerbe ohne eine erforderliche Betriebsanlagengenehmigung betreibt, begeht er eine Verwaltungsübertretung. Die möglichen Strafen für eine solche Übertretung können von einer Verwaltungsstrafe bis hin zur vorübergehenden Betriebsschließung (vgl. § 360 GewO) reichen.
Gemäß §§ 365 ff GewO kann eine Verwaltungsstrafe von bis zu € 3.600,00 verhängt werden. In besonders schweren Fällen kann auch eine vorübergehende Betriebsschließung angeordnet werden. Die einschlägigen Strafbestimmungen des § 366 Abs. Z2 und Z3 besagen konkret: Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu € 3.600,00 zu bestrafen ist, begeht, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Ebenso begeht jemand eine Verwaltungsübertretung, der eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt. Dieses Vergehen ist mit einer Geldstrafe bis zu € 2.180,00 bedroht (§§ 81f).
Die Gewerbebehörde entscheidet nicht über meinen Antrag. Was kann ich machen?
Grundsätzlich gilt als Faustregel, dass die Behörden innerhalb von 6 Monaten zu einer Entscheidung kommen müssen. Ansonsten ist der Antragsteller berechtigt eine Säumnisbeschwerde einzulegen. Konkret richtet sich eine Säumnisbeschwerde gegen die Untätigkeit einer Behörde. Eine solche Verletzung der Entscheidungspflicht kann nur jemand geltend machen, der als Partei in einem Verwaltungsverfahren Anspruch auf die Erlassung eines Bescheides hat.
Kommt diese Faustregel auch bei meinen Betriebsanlagegenehmigungsverfahren zur Anwendung?
Nein! Die Bestimmung des § 359a GewO sieht vor, dass eine Betriebsanlagengenehmigungsprüfung soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Behörde in Verfahren betreffend Betriebsanlagen längstens binnen vier Monaten nach Einlangen des Anbringens zu entscheiden hat. Sollte die Gewerbebehörde nicht binnen der gesetzlich festgelegten Frist entscheiden, gibt es rechtlich gesehen, die Möglichkeit einer Säumnisbeschwerde und/oder Aufsichtsbeschwerde.
Fazit:
Daher ist es von großer Bedeutung, dass Personen, die ein Gewerbe ausüben möchten, sich im Vorfeld umfassend über alle notwendigen Anmeldungen und Genehmigungen informieren. Sie sollten sicherstellen, dass sie alle erforderlichen Schritte unternehmen, um ihre Geschäftstätigkeit legal ausüben zu können.
Es ist ratsam, sich im Vorfeld über alle gesetzlichen Möglichkeiten zu informieren, die zur Verfügung stehen, um zeitnah ein Gewerbe zu eröffnen. Ein verantwortungsbewusster Unternehmer sollte stets die Einhaltung der Gesetze und Vorschriften als oberste Priorität betrachten. Dies ist nicht nur entscheidend für langfristigen Erfolg, sondern auch dafür, das Vertrauen von Kunden, Mitarbeitern und der Gemeinschaft zu gewinnen.
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