OGH-Urteil 2024: Kreditbearbeitungsgebühren unzulässig – Fehlende Transparenz bemängelt
Kreditvertrag: Du hast einen Kreditvertrag abgeschlossen, für den Bearbeitungsgebühren erhoben wurden? Dann enthält der nachfolgende Beitrag zahlreiche interessante Informationen für dich.
Was ist passiert?
Am 23. Jänner 2024 entschied der Oberste Gerichtshof (OGH) in der Rechtssache 2 Ob 238/23y über die Zulässigkeit von Kreditbearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten. Dieses Urteil bezieht sich auf Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank, die von Verbrauchern Bearbeitungsgebühren, Erhebungsspesen und andere Kosten verlangte. Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Banken und Verbraucher.
Hintergrund zur Rechtsprechung
Bis 2016 äußerte sich der OGH nicht zur Zulässigkeit von Kreditbearbeitungsgebühren, während in der juristischen Lehre unterschiedliche Meinungen vertreten wurden. Im Jahr 2016 entschied der OGH, dass Kreditbearbeitungsgebühren als Hauptleistung der Bank gelten und deshalb nicht der Inhaltskontrolle unterliegen. Diese Entscheidung machte die Gebühren zulässig. Allerdings änderte sich die Lage durch eine Reihe von Entscheidungen in den Jahren 2022 und 2023, die sich ursprünglich auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) von Fitnessstudios bezogen. Der OGH orientierte sich in diesen Fällen an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und stellte klar, dass Entgelte ohne klar definierte Zusatzleistungen unzulässig sind. Diese Entwicklung warf auch neue Fragen zur Zulässigkeit von Kreditbearbeitungsgebühren auf.
Das Urteil: OGH 2 Ob 238/23y
In diesem konkreten Fall klagte der Verein für Konsumenteninformation (VKI) gegen die WSK Bank. Die Bank erhob folgende Gebühren in ihren Kreditverträgen:
- Eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 4 % des Kreditbetrags.
- Erhebungsspesen von 75 Euro, Überweisungsspesen von 15 Euro und Kosten für Porto und Drucksorten in Höhe von 25 Euro.
- Eine Kontoführungsgebühr von 7 Euro pro Quartal.
Der VKI forderte, der Bank zu verbieten, diese Klauseln zu verwenden, da sie intransparent und für Verbraucher nachteilig seien. Während das Erstgericht der Klage vollumfänglich stattgab, erklärte das Berufungsgericht nur die Kontoführungsgebühr für zulässig. Der OGH bestätigte letztlich das Urteil des Berufungsgerichts und erklärte die Bearbeitungsgebühr sowie die Erhebungs- und Überweisungsspesen für intransparent und unzulässig.
Gründe für die Entscheidung
Der OGH stellte fest, dass die Bank ihren Kunden neben der Kreditbearbeitungsgebühr weitere Entgelte (Erhebungs- und Überweisungsspesen, Portokosten) in Rechnung stellte, ohne klar offenzulegen, welche konkreten Dienstleistungen durch diese Gebühren abgedeckt sind. Verbraucher können dadurch nicht nachvollziehen, ob es zu Überschneidungen oder Doppelverrechnungen kommt, was die Vereinbarung der Bearbeitungsgebühr als intransparent erscheinen lässt.
Besonders wichtig ist, dass der OGH nicht generell entschieden hat, dass Kreditbearbeitungsgebühren unzulässig sind. Die Unzulässigkeit bezieht sich speziell auf Fälle, in denen Verbraucher aufgrund unklarer Angaben nicht nachvollziehen können, welche Leistung welchem Entgelt zugeordnet ist.
Konsequenzen für Verbraucher
Betroffene Kunden der WSK Bank können nach Ansicht des VKI die zu viel gezahlten Gebühren zurückfordern. Diese Rückforderungsansprüche verjähren erst nach 30 Jahren und sind mit 4 % zu verzinsen. Das Urteil gilt sowohl für noch laufende Kredite als auch für bereits vollständig zurückgezahlte Kredite.
Der VKI hat angekündigt, die Rechte der Verbraucher durchzusetzen und wird nach Ablauf einer viermonatigen Frist, die der Bank zur Umsetzung des Urteils gewährt wurde, nötigenfalls gerichtliche Schritte einleiten.
Wie bekommen Sie ihr Geld zurück?
- Erhobene Bearbeitungsgebühren
- Dein Kreditvertrag muss explizit eine Bearbeitungsgebühr oder ähnliche Verwaltungsgebühr enthalten haben, die bei Abschluss des Kredits fällig war. Diese wird oft als einmalige Gebühr oder als prozentualer Anteil des Kreditbetrags angegeben.
- Typische Formulierungen im Vertrag könnten sein:
- „Bearbeitungsgebühr“
- „Einmalige Bearbeitungskosten“
- „Verwaltungsgebühr“
- Art des Kredits
- Der Vertrag muss sich auf einen Konsumkredit (z. B. für Auto, Wohnung, etc.) oder einen Ratenkredit beziehen. Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten sind in der Regel betroffen.
- Hypothekarkredite oder Baufinanzierungen sind oft ebenfalls eingeschlossen, aber es kommt auf den genauen Vertrag an.
- Keine ausdrückliche Vereinbarung zu den Gebühren
- Es darf keine ausdrückliche individuelle Vereinbarung geben, in der im Detail auf die Bearbeitungsgebühren hingewiesen wurde und diese als freiwillige Zusatzleistung akzeptiert wurde. Falls die Bank die Gebühren nur einseitig festgelegt hat, ohne dass diese im detailliert festgelegt wurde, ist dies oft unzulässig.
- Kein Leistungsausgleich für die Gebühren
- Die Bank darf für die Bearbeitungsgebühren keine spezifische Leistung erbracht haben, die im Vertrag konkret beschrieben ist (z. B. eine besondere Dienstleistung oder Beratung). Die Gebühren müssen pauschal für die Bearbeitung des Kreditantrags angesetzt worden sein.
Fazit
Das Urteil des OGH markiert einen wichtigen Schritt im Verbraucherschutz bei Kreditverträgen. Es macht deutlich, dass Banken ihre Gebührenstrukturen transparent gestalten müssen, damit Verbraucher verstehen, wofür sie zahlen. Banken müssen sicherstellen, dass Entgelte klar zugeordnet werden und keine Überschneidungen oder Doppelverrechnungen entstehen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen. Für betroffene Verbraucher bedeutet dies, dass sie unter Umständen hohe Rückforderungsansprüche haben, falls sie überhöhte oder unrechtmäßige Gebühren gezahlt haben.
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