Allgemeines:
Ein Betretungs- und Annäherungsverbot dient dem Schutz von Menschen, die sich durch eine andere Person bedroht fühlen. Besonders in Fällen häuslicher Gewalt oder eskalierender Konflikte kann die Polizei rasch einschreiten und eine Person aus der gemeinsamen Wohnung oder dem Haus verweisen.
Das Sicherheitspolizeigesetz (§ 38a Abs. 1 SPG) ermächtigt die Sicherheitsbehörden, ein solches Verbot zu verhängen, wenn eine unmittelbare Bedrohung besteht. Diese Maßnahme muss verhältnismäßig sein, d. h., sie darf nur erlassen werden, wenn keine milderen Mittel zur Gefahrenabwehr verfügbar sind.
Betroffene Personen müssen über das Verbot informiert werden. Ohne eine ordnungsgemäße Mitteilung des Verbotsbereichs ist das Betretungs- oder Annäherungsverbot ungültig.
Was bedeutet ein Betretungs- und Annäherungsverbot?
Ein solches Verbot untersagt einer Person – in der Regel dem Gefährder -, sich bestimmten Orten zu nähern oder sie zu betreten. Ziel ist es, weitere Gewalt oder Bedrohung zu verhindern. Die Polizei kann ein solches Verbot sofort aussprechen.
- Betretungsverbot: Die Person darf eine bestimmte Wohnung oder ein Haus nicht mehr betreten, meist den gemeinsamen Wohnsitz.
- Annäherungsverbot: Die Person darf sich der betroffenen Person oder deren Aufenthaltsort nicht auf eine festgelegte Distanz (z. B. 100 Meter) nähern.
Was passiert nach einer Wegweisung?
Wenn die Polizei eine Wegweisung nach § 38a SPG ausspricht, muss die betroffene Person die Wohnung und das direkte Umfeld sofort verlassen. Der Wohnungsschlüssel wird abgenommen und es gilt ein Kontaktverbot.
Dürfen sich die betroffenen Personen kontaktieren oder treffen?
Ein Betretungs- und Annäherungsverbot nach § 38a SPG betrifft primär die physische Näherung. Telefonate, Nachrichten oder andere Formen der Kommunikation sind durch dieses Gesetz nicht automatisch verboten. Allerdings kann ein zusätzliches Kontaktverbot durch eine gerichtliche einstweilige Verfügung nach den §§ 382b und 382e der Exekutionsordnung (EO) verhängt werden. Falls eine solche Verfügung besteht, ist auch jeglicher telefonischer oder schriftlicher Kontakt untersagt.
Beispiel aus der Praxis
Anna und Markus leben mit ihren zwei Kindern in Wien. Ein Streit eskaliert, und die Polizei wird gerufen. Da Markus Anna angeschrien und gestoßen hat, spricht die Polizei ein Betretungs- und Annäherungsverbot sowie ein vorläufiges Waffenverbot aus. Markus muss sofort ausziehen und sich eine alternative Unterkunft suchen. Als Sportschütze verliert er zudem vorübergehend den Zugang zu seinen Waffen.
Konsequenzen bei einem Verstoß
Ein Verstoß gegen das Verbot ist eine Verwaltungsübertretung und kann mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 2.500,00 geahndet werden. Im Wiederholungsfall können bis zu EUR 5.000,00 oder eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen verhängt werden.
Aufhebung eines Betretungsverbots
Das Verbot gilt in der Regel für 14 Tage. In der Regel überprüfen die Sicherheitsbehörde innerhalb von 3 Tagen die Rechtsmäßigkeit des Betretungs- und Annäherungsverbot. Erfahrungsgemäß bleibt eine solches bestehen.
Darf ich meine Kleidung oder meinen Arbeitslaptop holen
Nein! Entweder ein Bekannter holt es ab, oder die betroffene Person darf das Haus oder die Wohnung nur in Begleitung der Polizei betreten.
Waffenverbot und weitere Folgen
Zusätzlich wird neben dem Betretungs- und Annäherungsverbot ein vorläufiges Waffenverbot nach § 13 WaffG verhängt. Alle registrierten Waffen der betroffenen Person werden sichergestellt und zur Waffenbehörde gebracht.
Erfahrungsgemäß überprüft die Waffenbehörde dann binnen 4 Wochen, ob die Voraussetzungen eines unbefristeten Waffenverbots gemäß § 12 WaffG bestehen. In der Praxis erlassen die Waffenbehörden allerdings innerhalb von wenigen Tagen einen Mandatsbescheid (Verbotsbescheid) und verhängen ein unbefristetes Waffenverbot. Die Rechtsprechung ist hier so streng, dass der Waffenbehörde ein großer Gestaltungsspielraum zukommt. Es ist deshalb so wichtig, dass Sie sofort dieses Waffenverbot bekämpfen. Ein Waffenverbot kann weiterreichende Folgen haben (Jobverlust bei Flughafenmitarbeiter wegen der ZÜP, Sicherheitsmitarbeiter verlieren ebenfalls die Verlässlichkeit, unter Umständen Verlust der Gewerbeberechtigung bei sensiblen Gewerben iSd § 95 GewO usw.)
Verpflichtung zur Gewaltpräventionsberatung
Innerhalb von fünf Tagen muss die betroffene Person einen Termin für eine sechsstündige Gewaltpräventionsberatung (Verein Neustadt) vereinbaren und diese grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen absolvieren.
Kann die Wegweisung verlängert werden?
Ja, es gibt zwei Möglichkeiten der Verlängerung:
- Wenn die Polizei die Gefahr weiterhin als hoch einstuft, kann sie das Verbot verlängern.
- Wenn die betroffene Person beim Gericht eine einstweilige Verfügung beantragt, kann das Verbot auf mehrere Monate ausgeweitet werden.
Was ist eine einstweilige Verfügung? (Vergleich zur Wegweisung)
Eine einstweilige Verfügung ist eine gerichtliche Schutzmaßnahme, die auf Antrag der gefährdeten Person erlassen wird. Sie kann über das polizeiliche Betretungsverbot hinaus gelten.
Unterschiede:
Polizeiliches Betretungsverbot | Einstweilige Verfügung |
Wird von der Polizei ausgesprochen | Wird vom Gericht angeordnet |
Gilt maximal 14 Tage; kann verlängert werden | Kann mehrere Monate gelten |
Betrifft nur Wohnung + 100 Meter | Kann größere Bereiche umfassen (z. B. Arbeitsplatz, Schule der Kinder) |
Keine gerichtliche Überprüfung nötig | Es gibt eine gerichtliche Prüfung |
Verwaltungsstrafe bis zu EUR 2.500,00 im Wiederholungsfall EUR 5.000,00 |
Was passiert, wenn sich die Partner versöhnen?
Nach Ablauf der 14 Tage kann die betroffene Person zurückkehren, sofern keine gerichtliche Verfügung erlassen wurde. Falls jedoch eine einstweilige Verfügung folgt, bleibt das Verbot bestehen. Dies führt oft zu einer dauerhaften Trennung und Scheidung.
Fazit
Ein Betretungs- und Annäherungsverbot dient dem Schutz vor Gewalt und Bedrohung. Betroffene sollten sich frühzeitig rechtlichen Beistand holen, um ihre Rechte zu kennen. Verstöße gegen das Verbot haben schwerwiegende Folgen und können hohe Strafen nach sich ziehen.